Wenn das Kind dich nicht versteht
Besonderheiten in der Eingewöhnung von Kindern nichtdeutscher Muttersprache
Hallihallo und herzlich Willkommen zum Artikel von dieser Woche!
Ich hoffe es geht dir wunderbar und du hattest eine gute Woche mit vielen kleinen und großen Erfolgserlebnissen! Vielleicht hast du ja Lust, die letzte Woche im Schnelldurchlauf noch mal zu durchleben und immer an den Stellen, an denen du einen tollen Moment erlebt hast kurz anzuhalten, die Situation noch einmal auszukosten und dir so gute Gedanken zu schenken?!
Weißt du, wir sind so gut darin, uns die Dinge immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, die irgendwie blöd waren. Da wäre es doch mal eine gute Idee den Spieß umzudrehen und die positiven Momente zu feiern, oder?
Probiere doch einfach mal aus!
Und schreibe mir gerne, was dich erfreut oder stolz gemacht hat. Du bist auch herzlich eingeladen in unsere Facebookgruppe: „Wenn die Erzieher glücklich sind, geht es den Kindern gut!“
Doch worum soll es heute in diesem Artikel gehen? Auf speziellen Wunsch gibt es heute meine Gedanken zur Eingewöhnung von Kindern, deren Sprache wir nicht sprechen oder verstehen. Also darum, wie wir Kinder, die uns nicht verstehen unterstützen und ihnen einen guten Start in die Kita ermöglichen kannst.
Lost in Tokio
Stell dir vor du wirst nach Tokio in die U- Bahn katapultiert. Du hörst eine dir völlig fremde Sprache, du verstehst kein Wort und die Schriftzeichen sind total aussagelos für dich, weil du einfach keine Ahnung hast, was die Zeichen bedeuten. Innerhalb kürzester Zeit bist du völlig orientierungslos und weißt vermutlich überhaupt nicht wie dir gerade geschieht.
Überlege doch mal:
Was würde dir gut tun, was könnte dir jetzt helfen?
Hier kommen meine Ideen dazu. Ich würde mich besser fühlen,…
- Wenn ich nicht alleine wäre. Wenn jemand der mir vertraut ist bei mir wäre. Irgendwie fühlt es sich besser an zu zweit in einer beschi…. Situationen zu sein als alleine. Weiß zwar nicht warum, ist aber so.
- Wenn es leiser wäre. Wenn ich nicht die ganze Zeit das laute Gebabbel mir unverständlicher Worte hören müsste.
- Wenn ich mit jemandem durch Blicke in Kontakt treten könnte. Weil ich mich dann an dieser anderen Person orientieren kann. Wenn derjenige mich ansieht, mich anlächelt oder mir zunickt, dann wäre ich beruhigter.
- Wenn mir jemand meine Irritation ansehen würde. Mir ein Lächeln schenken. Oder die Hand reichen und mir mit Gesten zeigen würde, was ich tun und wie ich mich zurechtfinden kann.
- Wenn ich meine Sachen bei mir behalten könnte. Damit ich sicher sein kann, dass sie nicht verloren gehen, wo ich mich doch sowieso schon verloren fühle.
- Vielleicht hast du noch andere Bedürfnisse? Was müsste für dich geschehen, damit du ein bisschen entspannter wärst?
Würde ich das mögen?
Ein Kind, das neu in die Kita kommt und unsere Sprache nicht kennt, fühlt sich vielleicht ähnlich. Deshalb wäre mein erster Tipp:
Versetze dich in das Beispiel von oben, überlege wie du dich in einer ähnlichen Situation fühlen würdest und ob du das mögen würdest, was du von dem Kind erwartest oder verlangst.
Die erste Frage wäre also: „Würde ich das mögen?“
Hilft unser Mitleid dem Kind?
Viele Fachkräfte neigen dazu in einer solchen Situation Mitleid mit dem Kind zu haben. Das halte ich für extrem ungünstig, wenn nicht sogar schädlich. Warum – erkläre ich dir hier!
Stell dir nochmal die Situation in der U-Bahn in Tokio vor. Wie würdest du dich fühlen, wenn alle anderen Menschen dich ganz mitleidig anschauen würden? Würde dich das größer machen oder würdest du dich noch schlechter fühlen?
Die meisten sagen, sie fühlen sich schlechter.
Denn in der Regel macht uns Mitleid kleiner. Weil wir dann von Menschen umgeben sind, die nicht daran glauben, dass wir diese Herausforderung bewältigen können. Das lässt uns an uns selbst zweifeln und macht die Situation noch schwieriger.
Deshalb achte in jedem Fall darauf, dass du das Kind nicht bemitleidest. Vielmehr ist die Eingewöhnung eines solchen Kindes eure gemeinsame (Kind, Eltern und Deine) Herausforderung. Und wenn ihr es GEMEINSAM geschafft habt, gilt es zusammen zu feiern!
Wie wichtig ist die Sprache?
Na klar würde niemand behaupten, dass Sprache nicht wichtig ist und selbstverständlich hat ein Kind, das in der Kita mit einer völlig neuen Sprache konfrontiert wird andere Herausforderungen zu meistern als ein Kind, das die deutsche Sprache schon kennt und an den Klang dieser Sprache gewöhnt ist.
Hier ist folgende Information noch interessant: Bis zum Alter von sechs bis neun Monaten hat jedes Kind die Möglichkeit jede Sprache dieser Welt zu erlernen. Weil das Kind sich erst danach auf die Grundlagen seiner Muttersprache spezialisiert.
Ist das Kind als kleiner Säugling nach Deutschland gekommen, ist die Sprache tatsächlich alleine durchs Hören in der Umgebung schon teilweise angelegt. Dieses Kind ist leichter an die deutsche Sprache zu gewöhnen als ein Kind, das erst mit 2 Jahren nach Deutschland gekommen ist.
Ist die Sprache wirklich so wichtig?
Allerdings ist die Sprache viel weniger wichtig, als wir in der Regel denken.
Wusstest du beispielsweise schon, dass 85% unserer Kommunikation nonverbal abläuft? Ungefähr 7% beeinflusst der Tonfall und nur 8% macht das gesprochene Wort aus.
Im Zusammenhang mit unserem Thema von heute finde ich das sehr entlastend. Denn es bedeutet, dass wir selbst wenn Sprachbarrieren da sind, in der Lage sind miteinander in Kontakt zu treten. Nur eben im ersten Schritt nicht über die Sprache sondern anders. Und zwar…
Wie kannst du Kontakt zu einem Kind aufbauen, das dich nicht versteht?
Die Augen sind das Tor zur Seele. Wenn du mit einem Kind arbeitest, das dich nicht versteht, achte umso mehr darauf, dass du Blickkontakt zu dem Kind aufbauen kannst. Das ist der allererste und wichtigste Schritt überhaupt.
Denn wenn das Kind beginnt von sich aus Blickkontakt zu dir aufzubauen, beginnt es dich wahrzunehmen und in der Folge kann es lernen sich von dir leiten zu lassen.
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Wie baust du Blickkontakt auf?
Zunächst würde ich versuchen dem Kind in die Augen zu schauen. Reagiert das Kind und erwidert deinen Blickkontakt, dann ist es relativ einfach. Durch Lächeln und Nicken vermittelst du dem Kind Sicherheit und das Kind wird sich mehr und mehr an dir orientieren.
Gerade wenn du darauf achtest, dass du das Kind mit deinen Augen leitest. Also wartest, bis das Kind dich wieder anschaut, bevor du etwas vormachst oder einen Phasenwechsel einläutest. Das Kind muss an dir anhaften – du reichst ihm quasi durch die Augen die Hand.
Wenn das Kind deinen Blickkontakt nicht erwidert oder zu Boden schaut, dann gilt es in ganz kleinen Schritten Vertrauen aufzubauen. Zum Beispiel indem du dich in die Nähe des Kindes setzt, mit etwas spielst und immer wieder den Blick hebst und einen Versuch zum Blickkontakt startest.
Ganz zart und sanft. Vielleicht auch indem du ein anderes Kind anschaust und dann das neue Kind. So dass das Kind lernen kann, dass nichts passiert, wenn es dich anschaut. Du kannst dein Tun durch leise sanfte Wörter begleiten oder still sein, probiere aus, was dem Kind besser tut.
In der Ruhe liegt der Schlüssel
Insgesamt wird es in einer solchen Situation sinnvoll sein, wenn die Atmosphäre so ruhig wie möglich ist, damit das Kind nicht total reizüberflutet ist.
Falls das Kind Interesse an Spielmaterial zeigt, ist es auch völlig in Ordnung und gut, wenn es spielt. In diesem Fall würde ich an deiner Stelle mit demselben Material parallel zum Kind spielen und so eine erste Verbindung knüpfen.
Wichtig ist, dass das Kind ein erstes Vertrauen entwickeln kann. Entweder direkt zu dir oder zuerst zu einem Material.
Dadurch erwirbt das Kind das Gefühl: „Ich bin hier sicher. Mir passiert hier nichts!“
Und weil wir hier wie auch in vielen anderen Fällen immer dazu neigen, zu viel auf einmal von den Kindern zu erwarten, mache ich für heute erstmal Schluss. Du kannst das gerne schon mal ausprobieren und im Podcast am Dienstag geht es weiter.
Viel Freude und alles Liebe für dich!
Lass dein Glück strahlen und eine zauberhafte Woche!
Danke 🙂
…dass du dir die Zeit genommen hast, meinen Artikel zu lesen.
Hat er dir gefallen? Hast du eigene Erfahrungen dazu, oder eine Frage? Dann schreib´ uns hier in die Kommentare, das würde mich riesig freuen!
Und denk immer daran: Wenn die Erzieher glücklich sind, geht es den Kindern gut. Und gemeinsam schaffen wir eine Welt, in der es sich zu leben lohnt!
Ich wünsche Dir noch einen wunderschönen Tag!
2 Kommentare
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- #032 – Sprachbarrieren in der Eingewöhnung - so gelingt es leichter! - ubstairs - Fortbildungsinstitut - […] Blickkontakt und Vertrauen aufbauen, nebeneinander spielen – mehr dazu im Blogartikel – Hier klicken! […]
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Bild:© filipefrazao/ fotolia.com
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Danke für diesen sehr einfühlsamen Artikel.In unserer Kita werden immer mehr Kinder mit migrantem Hintergrund eingewöhnt und betreut. Das ist nicht nur für die Kinder und Eltern eine Herausforderung, sondern auch für uns, als Erzieher.Es sind völlig fremde Welten und Kulturen, die da aufeinander stoßen und doch fühlen sich die Kinder nach kurzer Zeit sehr wohl bei uns.Ich finde, dass der schwierigere Part die Elternarbeit ist, auch und wegen der Sprachbarriere.
Ich betreue z.B. eine Gruppe mit 17 Kindern im Vorschulalter.Bei uns hier in Mecklenburg/Vorpommern ist der „Durchschnittsbetreungsschlüssel“ noch nicht so ganz angekommen ;). die Arbeit mit Kindern nicht deutscher Herkunft wird dadurch auch erschwert.Ich würde mir wünschen, dass mehr für diese Kinder getan werden könnte, sei es durch eine zusätzliche Betreungskraft oder einfach kleinere Gruppen.
….denn wie schon gesagt:“Sind die Erzieher glücklich, geht es den Kindern gut!“
Danke für deinen Kommentar. Euer Alltag könnte auch leichter werden, wenn ihr euch stärker auf die Beziehungsarbeit konzentriert. Beziehungsaufbau statt Angebotspädagogik. Denn an den Rahmenbedingungen werden wir leider wenig ausrichten. Herzliche Grüße! #lassdeinglückstrahlen